Im Fall vor dem ArbG Köln (18 BVGa 11/21) stritten Arbeitgeber und der Betriebsrat darüber, ob der Arbeitgeber die Durchführung von Sitzungen des Betriebsrats als Präsenzsitzungen verlangen darf. Im Regelfall und somit vor der Pandemie wurden diese am Betriebssitz geführt – Online Zuschaltungen waren nicht möglich.
Laut Beschluss des Arbeitsgerichts Köln können Betriebsratsmitglieder bei Sitzungen auch per Videokonferenz teilnehmen, wenn die Vorgaben der Arbeitsschutzverordnung am Arbeitsplatz nicht eingehalten werden. Nach § 129 Abs. 1 BetrVG – welcher bis zum 30.06.2021 und damit für diesen Beschluss galt – durften Betriebssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen soweit sichergestellt war, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen konnten. Auch sieht das Gesetz keinen Vorrang für Präsenzsitzungen vor, da die Bezeichnung der Präsenzsitzungen als „Regelfall“ keine hinreichende eindeutige Vorgabe darstellt.
Auch ist es den Betriebsratsmitgliedern werden der Pandemie unzumutbar am Betriebssitz ihre Sitzungen zu führen, wenn der Arbeitgeber nicht technische und organisatorische Maßnahmen im Rahmen der Arbeitsschutzverordnung vornimmt um das Risiko einer Infektion zu reduzieren. In diesem Fall war ein ausreichend großer Raum nach § 2 Abs. 5 Corona – ArbSchV für die sichere Durchführung der Betriebsratssitzung in Präsenz nicht vorhanden. In solchen Fällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein Tätigwerden im Home Office zu ermöglichen.
Ebenso dürfen Mitglieder des Betriebsrats nach § 78 S. 1 BetrVG in Ausübung ihrer Tätigkeit nicht behindert werden. Dabei ist unter dem Begriff „Behinderung“ gemäß § 78 S. 1 BetrVG, jede unzulässige Erschwerung, Störung oder Verhinderung der Betriebsratsarbeit zu verstehen. Sollten Maßnahmen dagegen durch den Arbeitgeber bezüglich der Teilnahme an Betriebssitzungen vorgenommen werden, gelten diese als Hinderung der Betriebsmitglieder bei der Ausübung ihrer Mandatstätigkeit. Damit ist es unzulässig, den Betriebsmitgliedern wegen einer Teilnahme von zu Hause Gehaltskürzungen oder sonstige Maßnahmen wie eine Abmahnung oder Kündigung vorzunehmen.
Die Ausnahmen: verbindliche Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung
Zum einen erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung, wenn er von einer Betriebsänderung betroffen ist, bei der der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat einen Sozialplan vereinbart hat. In diesem sind sodann feste Abfindungssummen – orientiert an Alter und Betriebszugehörigkeit und Gehalt der Arbeitnehmer – festgeschrieben. Wird einem Mitarbeiter im Rahmen einer solchen Betriebsänderung gekündigt, hat er einen rechtlichen Anspruch auf Bezahlung der Abfindung nach dem einschlägigen Sozialplan.
Daneben existieren zwei gesetzliche Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung nach dem Kündigungsschutzgesetz:
§1 a KSchG verschafft dem betriebsbedingt gekündigten Mitarbeiter eine Abfindung in Höhe von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, wenn der Arbeitgeber diese Abfindung bereits in der Kündigungserklärung angeboten hat und der Mitarbeiter nicht gegen die Kündigung klagt. Voraussetzung ist also gleichsam das freiwillige Angebot des Arbeitgebers auf Abfindungszahlung in der Kündigung. § 1 a KSchG wurde im Jahre 2004 in das Kündigungsschutzgesetz eingefügt und führt nach diesseitiger Erfahrung seitdem ein Schattendasein: Er wird von den Arbeitgebern bei Kündigungen äußerst selten angewandt.
Nach §§ 9,10 KSchG erhält der Arbeitnehmer nach gewonnener Kündigungsschutzklage (das heißt, die ausgesprochene Kündigung war nach dem Urteil des Gerichts unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht eigentlich fort) eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte Abfindung bis zu 12 – mit steigendem Alter maximal 18 – Monatsverdiensten, wenn nach der Überzeugung des Gerichts die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. Die Unzumutbarkeit muss im inneren Zusammenhang mit der Kündigung und dem Kündigungsschutzprozess stehen (vgl. BAG 11.7.2013 – 2 AZR 241/12). Die Auflösung muss der Arbeitnehmer bei Gericht beantragen und die Gründe für die Unzumutbarkeit darlegen und beweisen. Ebenso kann das Gericht das Arbeitsverhältnis auf einen Antrag des Arbeitgebers auflösen, „wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.“
Sowohl an den Auflösungsantrag des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers werden von den Gerichten erfahrungsgemäß hohe Anforderungen gestellt, da hiermit der eigentliche Bestandsschutz des Kündigungsschutzgesetzes durchbrochen wird.
Fazit:
Die Pandemie bringt neue Gestaltungsmöglichkeiten für die BR-Sitzungen. Ob die Onlinesitzungen immer ratsam sind ist kritisch zu sehen, da der Austausch mit den Kollegen (im Betriebsrat und den Mitarbeiter/innen) zumindest anderes ist – jedoch eröffnet es auch Möglichkeiten, die es früher nicht gab.