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Webinar statt einer Präsenzveranstaltung? 

Darf der Arbeitgeber einen Betriebsrat für eine geplante Schulung auf ein Webinar statt einer Präsenzveranstaltung verweisen?

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Jun, 2023

Nein, so das LAG Düsseldorf in dem Fall einer Personalvertretung. Diese muss sich für eine geplante Schulung ihrer Mitglieder nicht mit einem Webinar zufrieden geben, und kann auch eine Präsenzveranstaltung wählen. Die Kosten, inklusive Übernachtung und Verpflegung, hat der Arbeitgeber zu tragen. Dies gilt ebenso für Betriebsräte, da Personenvertretungen (wie hier des Kabinenpersonals einer Airline) die gleichen Rechte wie Betriebsräten zukommen.

AG Düsseldorf – Urteil v. 24.11.2022 – 8 TaBV 59/21

Abschnitte:

Der Fall

Bei der Arbeitgeberin, einer Luftverkehrsgesellschaft, bestand eine durch Tarifvertrag errichtete Personalvertretung für das Kabinenpersonal (PV Kabine). Für diese findet grundsätzlich das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Anwendung (§ 117 Abs. 2 BetrVG).
Die PV Kabine wollte ursprünglich, dass zwei in Düsseldorf und Köln wohnende Mitglieder an einer Präsenzschulung in Binz/Rügen teilnehmen. Die Arbeitgeberin schlug aus Kostengründen ortsnähere Seminarorte oder ein Webinar vor. Daraufhin beschloss die PV Kabine die beiden Mitglieder für die Zeit vom 24.08.2021 bis zum 27.08.2021 zur Schulung „Betriebsverfassungsrecht Teil 1“ in Potsdam zu entsenden. Es fielen für beide Teilnehmer zusammen ca. 1.800 Euro brutto für die Schulung, sowie ca. 1.300 Euro brutto an Übernachtungs- und Verpflegungskosten an. Die Hin- und Rückreise der beiden Mitglieder erfolgte per Flugzeug nach Berlin auf nicht von Kunden gebuchten Plätzen mit Flügen der Arbeitgeberin.

Die Arbeitgeberin verweigerte daraufhin die Übernahme der Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Sie vertrat die Ansicht, dass die beiden Mitglieder der PV Kabine auch an einem kostengünstigeren Webinar mit identischem Schulungsinhalt hätten teilnehmen können, zumal dann keine Übernachtungs- und Verpflegungskosten angefallen wären. Außerdem hätte es laut Arbeitgeberin im maßgeblichen Zeitraum auch nähergelegene, kostengünstigere Präsenzschulungen gegeben.

Die PV Kabine erwiderte, sie müsse sich nicht auf ein Webinar verweisen lassen und die nähergelegenen Präsenzseminare wären u.a. wegen Urlaub nicht in Frage gekommen.

Entscheidungsgründe des Gerichts

Die PV Kabine begehrte nun vor dem ArbG Düsseldorf, die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Kosten von Schulung, Übernachtung und Verpflegung für das Präsenzseminar in Potsdam zu übernehmen.
Dieser Klage hat das ArbG Düsseldorf stattgegeben. In der Beschwerde vor dem LAG Düsseldorf stritten die Parteien nun nur noch über die Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Auch das LAG Düsseldorf gab der PV Kabine diesbezüglich Recht.
Die Arbeitgeberin hat gem. § 40 Abs. 1 BetrVG die Pflicht, Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG zu tragen, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsrats- bzw. Personalvertretungsarbeit erforderlich ist. Dies sei hier der Fall.

Auf ein Webinar anstelle einer Präsenzveranstaltung müsse die PV Kabine sich nicht verweisen lassen. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit sei zwar die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Allerdings stehe dem Betriebsrat bei der Seminarauswahl ein Beurteilungsspielraum zu. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kommt eine Beschränkung der Kostentragungspflicht in Betracht. Nach Ansicht des Gerichts ist es aber durchaus noch innerhalb des Beurteilungsspielraums des Betriebsrats, wenn er ein inhaltsgleiches Webinar nicht mit einer entsprechenden Präsenzveranstaltung für qualitativ vergleichbar ansieht. Die Einschätzung der PV Kabine im vorliegenden Fall, dass der „Lerneffekt“ im Rahmen einer Präsenzveranstaltung deutlich höher ist als bei einem Webinar, sei nicht zu beanstanden. Ein Austausch und eine Diskussion über bestimmte Themen seien laut LAG bei einem Webinar in weitaus schlechterem Maße möglich als bei einer Präsenzveranstaltung, sodass es sich auch eher um „Frontalunterricht“ handeln würde.

Die PV Kabine durfte die konkret angefallenen Übernachtungs- und Verpflegungskosten daher für erforderlich halten. Nach den Ermittlungen und Feststellungen der 8. Kammer gab es keine ortsnäheren Präsenzseminare, auf welche die PV Kabine hätte verwiesen werden können. Die ermittelten Alternativseminare überschnitten sich dagegen u.a. mit dem Urlaub oder mit wichtigen dienstlichen Veranstaltungen von verschiedenen Mitgliedern. Zudem wären auch bei diesen Seminaren die Übernachtungskosten nicht entfallen.

Hinweise für die Praxis

Dies ist nicht das erste Urteil dieser Art, unterstreicht aber ein weiteres Mal: Betriebsräte und andere Vertretungen müssen sich bei Seminaren und Schulungen nicht mit kostengünstigeren Alternativen abspeisen lassen, wenn diese nicht mindestens qualitativ gleichwertig sind. Und hierzu zählt nicht nur der Inhalt der Schulung, sondern auch ob diese in Präsenz oder online abgehalten wird.

Neben dem besonderen Interesse an einer Präsenzveranstaltung kann der Betriebsrat sich außerdem darauf berufen, dass bei anderen angebotenen Terminen Terminkollisionen bestehen. Deshalb ist Betriebsräten zu raten, bereits im Vorfeld einer Schulungsplanung die Urlaube und Dienstveranstaltungen der Mitglieder in Listen zu führen.