Sind Betriebsratsseminare mit Give-Aways zulässig?

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Bei einem Erstgespräch mit uns entstehen für Sie selbstverständlich keine Kosten. Eine Erstberatung durch einen unserer spezialisierten Rechtsanwälte müssen wir nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abrechnen. Die Kosten der Erstberatung betragen max. € 190,00 netto zzgl. USt. Falls Sie eine Versicherung für Rechtsberatung besitzen können sie anfallende Kosten geltend machen.  

Mai, 2022

Der Arbeitgeber darf die Kostenübernahme für ein Betriebsratsseminar nicht wegen teurer Give-Aways verweigern. Das BAG hat entschieden, dass solche Seminare zulässig und die Kosten grds. vom Arbeitgeber zu tragen sind. Dies gilt zumindest dann, wenn vergleichbare Seminare nicht günstiger zur Verfügung stehen. 

– BAG – Urteil v. 17.11.2021 – 7 ABR 27/20 – 

Immer mehr Anbieter von Betriebsratsseminaren verteilen an die Teilnehmer ihrer Seminare nicht mehr nur kleinere Give-Aways wie USB-Sticks oder Powerbanks, sondern auch teurere Gegenstände wie Fachliteratur oder selbst Tablets.

So auch in dem vom BAG zu entscheidenden Fall.  Hier verlangte der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Übernahme der Kosten eines Grundlagenseminars eines Betriebsratsmitglieds i.H.v. knapp 1300 €, bestehend aus Seminargebühr (ca. 830 €), Fahrtkosten und Tagespauschale für Tagesgäste ohne Übernachtung. Mit inbegriffen im Angebot des Seminarveranstalters war die Überlassung eines sog. „Starter-Sets“ an die Teilnehmer, bestehend aus einem „Tablet für die Betriebsratsarbeit“, einem Handkommentar Fitting zum BetrVG, einer DTV-Ausgabe der Arbeitsgesetze, einem USB-Stick, einem Laserpointer, einem Taschenrechner, sowie einer Tasche. Zudem konnte jeder Teilnehmer eine kostenfreie anwaltliche Erstberatung durch einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen.

Der Arbeitgeber verweigerte die Kostenübernahme mit der Begründung, der Betriebsrat habe die Teilnahme an diesem Seminar aufgrund der hohen Kosten des Starter-Sets und der anwaltlichen Beratung nicht für erforderlich halten dürfen. Hierdurch sei ein Großteil der Seminarkosten auf nicht erforderliche Zusatzleistungen entfallen, solche Werbemaßnahmen eines Seminaranbieters habe ein Arbeitgeber aber nicht zu tragen. 

Das Arbeitsgericht sowie das Landesarbeitsgericht gaben den Anträgen des Betriebsrats auf Kostenübernahme durch den Arbeitgeber statt. Das BAG wies die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers zurück. 

Zur Begründung führe das BAG aus:

Ein Arbeitgeber hat gem. § 40 Abs. 1 BetrVG die Kosten für Schulungen von Betriebsratsmitgliedern zu tragen. Hierzu zählen alle Kosten (inkl. Fahrt- und Übernachtungskosten), sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Bei Grundlagenseminaren neuer Betriebsratsmitglieder ist dies grds. anzunehmen und erfordert keine weiteren Begründungen. 

Hierbei ist der Betriebsrat zwar verpflichtet, die durch seine Tätigkeit verursachten Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken und keine Schulungsveranstaltungen zu wählen, wenn er sich vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise verschaffen kann. Nicht gehalten ist er allerdings, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen. Dass ein Seminar auch teure Give-Aways beinhaltet ändert daran grds. nichts. Die Erforderlichkeit eines Seminars richtet sich ausschließlich nach der Kenntnisvermittlung.

Nach Kenntnisvermittlung vergleichbare Seminare waren im vorliegenden Fall aber gerade nicht wesentlich günstiger. Vielmehr hatte der Veranstalter dasselbe Seminar vier Jahre zuvor bereits ohne Tablet zum gleichen Preis angeboten. Anzeichen, dass die Beigaben unzumutbare hohe Kosten auslösten, gab es daher nicht. 

Eine Pflicht des Betriebsrates oder des Veranstalters den Pauschalpreis der Seminargebühr in schulungsbedingte Kosten und Starter-Kit-Kosten aufzuschlüsseln. besteht ebenfalls nicht. Denn selbst wenn einzelne oder sämtliche Seminarbeigaben für die Durchführung der Schulungsveranstaltung nicht erforderlich sein sollten, hält sich der Beschluss des Betriebsrats, das Betriebsratsmitglied zu der Schulung zu entsenden, im Rahmen seines Beurteilungsspielraums.

Hinweise für die Praxis:

Auch wenn immer kostspieligere Give-Aways in Zukunft beim Vergleich von Seminaren nicht gänzlich außer Acht gelassen werden sollten, sind sie dennoch kein alleiniger Grund einer Kostenübernahmeverweigerung seitens des Arbeitgebers. Ausschlaggebend ist immer die Qualität der Kenntnisvermittlung des Seminars. Sind gleichwertige Seminare zu keinem wesentlich günstigeren Preis verfügbar, hat der Betriebsrat weiterhin einen Beurteilungsspielraum bei der Auswahl. Dieser wurde durch das Urteil des BAG nur gestärkt.