Arbeitsrecht | Kündigung

Keine Rückzahlungspflicht von Fortbildungskosten bei krankheitsbedingter Eigenkündigung

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Mai, 2022

Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsverträgen sind oftmals Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und unterliegen damit den strengen Regeln der §§ 305 ff. BGB.

Sie dürfen den Arbeitnehmer daher nicht unangemessen benachteiligen. Insbesondere müssen die Klauseln eine Rückzahlung für den Fall ausschließen, dass der Arbeitnehmer kündigt, weil es ihm unverschuldet aufgrund einer Krankheit dauerhaft nicht mehr möglich ist, seiner Arbeit nachzugehen.

Enthält eine Klausel einen solchen Fehler, so ist diese insgesamt unwirksam.

– BAG – Urteil v. 01.03.2022 – 9 AZR 260/21

Kommen Arbeitgeber für Fortbildungskosten von Beschäftigten auf, sollen diese meist möglichst lange an das Unternehmen gebunden werden, um den vollen Nutzen aus dem neu gewonnenen Wissen bzw. den erworbenen Fähigkeiten zu ziehen. Arbeitgeber sichern sich daher häufig durch sog. Rückzahlungsklauseln ab. Danach sind die Kosten der Fortbildung dann vom Beschäftigten im Nachhinein zu erstatten, wenn dieser innerhalb einer bestimmten Frist ausscheidet. 

Hier auch in dem vom BAG zu entscheidenden Fall. Die Arbeitgeberin, eine Reha-Klinik, übernahm die Kosten einer Fortbildung ihrer Arbeitnehmerin, einer Altenpflegerin, zum „Fachtherapeut Wunde ICW“. Im Fortbildungsvertrag verpflichtete sich die Arbeitnehmerin hingegen zu einer Bindungsfrist von sechs Monaten nach Fortbildungsende. 

Zu einer möglichen Rückzahlungsverpflichtung heißt es im Vertrag hierzu:

„§ 3 Bindungsfrist und Rückzahlungsfrist     

(1)     

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens 6 Monate fortzusetzen.      

(2)     

Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Bindungsfrist aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten an diesen zurückzuzahlen. Die Rückzahlungspflicht gilt auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag.         

Für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung werden 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen.     

…“

Entscheidungsgründe des Gerichts

Nachdem bereits das Arbeitsgericht sowie das Landesarbeitsgericht die Klage der Arbeitgeberin abgewiesen haben, gab nun auch das BAG der Arbeitnehmerin recht. 

Grundsätzlich seien Rückzahlungsklauseln zwar zulässig und wirksam, sie müssen aber gewisse Ausnahmen beinhalten, um nicht gegen die AGB-Regeln der §§ 305 ff. BGB zu verstoßen. So dürfe der Arbeitnehmer durch die Klausel nicht auch bei von ihm unverschuldeten Beendigungsgründen zur Rückzahlung verpflichtet sein. Darunter fallen laut BAG auch Eigenkündigungen des Arbeitnehmers, die darauf beruhen, dass es ihm unverschuldet aufgrund einer Krankheit dauerhaft nicht mehr möglich ist, seiner Arbeit nachzugehen. Ansonsten führe die Rückzahlungsklausel zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist daher unwirksam. In solchen Fällen habe der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, da das Arbeitsverhältnis seitens des Arbeitnehmers ja gerade nicht mehr erfüllbar ist. Zudem sei eine solche Klausel auch deshalb unangemessen benachteiligend, weil die Beschränkung der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten arbeitsplatzbezogenen Berufswahlfreiheit des Arbeitnehmers bei dessen Leistungsunfähigkeit dann nicht durch den Ausbildungsvorteil ausgeglichen wird. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit aus Sicht des Arbeitgebers nicht amortisiert, sei laut BAG aber gerade dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen.

Hinweise für die Praxis

Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsverträgen sind also grundsätzlich zulässig und der Arbeitnehmer zur Zahlung verpflichtet.

Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Beendigungsgrund nicht vom Arbeitnehmer verschuldet wird, z.B. bei vom Arbeitnehmer unverschuldeten Fällen der Eigenkündigung, bei Verschulden des Arbeitgebers (etwa in Fällen von Mobbing) und bei äußeren Umständen wie einer unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit. Sieht die Klausel entsprechende Ausnahmen nicht vor, so ist sie insgesamt unwirksam und die Rückzahlungspflicht entfällt.