Arbeitsrecht | Home Office

Gesund bleiben bei Homeoffice & Co. – Die Gefährdungsbeurteilung

Nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie hat flexiblen Arbeitszeitmodellen mit Homeoffice bzw. mobiler Arbeit einen wahren Schub verschafft. Auch ohne pandemiebedingte Einschränkungen bleiben diese auch zukünftig im Arbeitsleben verankert. 

Zum Erstgespräch

Termine innerhalb eines Werktages.

Idealerweise rufen Sie uns innerhalb unserer Öffnungszeiten (09:00 – 18:00) unter 089 52031900 an. Ausserhalb der Sprechzeiten können Sie uns auch eine Email mit einer kurzen Fallbeschreibung und Ihren Kontaktdaten an mail@kspp.de senden.

In der Regel erhalten Sie innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldung und einen Termin für ein Erstgespräch mit einem unserer Rechtsanwälte. Termine können Sie per Telefon, Videocall oder auch gerne vor Ort in unserer Kanzlei in der Leopoldstraße 9 München wahrnehmen.  

Bei einem Erstgespräch mit uns entstehen für Sie selbstverständlich keine Kosten. Eine Erstberatung durch einen unserer spezialisierten Rechtsanwälte müssen wir nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abrechnen. Die Kosten der Erstberatung betragen max. € 190,00 netto zzgl. USt. Falls Sie eine Versicherung für Rechtsberatung besitzen können sie anfallende Kosten geltend machen.  

Jun, 2023
Neben den vielen Vorteilen, die diese Arbeitsformen bieten, bergen sie aber auch einige Gefahren im Hinblick auf die Gesundheit der Beschäftigten. Damit Beschäftigte auch mit ortsflexibler Arbeit gesund bleiben, gilt es die konkreten Arbeitsbedingungen genau zu untersuchen, um mögliche Belastungen frühzeitig zu erkennen und diesen vorzubeugen. Gelingen kann dies mit einer Gefährdungsbeurteilung gem. § 5 ArbSchG.
Abschnitte:

Was ist eine Gefährdungsbeurteilung?

Die Gefährdungsbeurteilung ist ein Prozess, in dem der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen und die potenziellen Gefährdungen für die Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit systematisch ermittelt und bewertet. Auf Grundlage dieser Beurteilung sind die zur Vermeidung und Abwehr dieser Gefährdungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, sowie später auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Gesetzliche Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung ist §§ 5, 6 ArbSchG, sowie § 618 BGB. Die Gefährdungsbeurteilung ist hierbei bereits vor Aufnahme der Tätigkeit vorzunehmen.

Wann ist eine Gefährdungsbeurteilung verpflichtend?

Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ist für den Arbeitgeber verpflichtend. Dennoch vertreten immer wieder Arbeitgeber die Auffassung, dass beispielsweise bei einer Tätigkeit im Homeoffice eine solche Gefährdungsbeurteilung nicht durchgeführt werden müsse. Dies steht jedoch nicht im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz.
§ 5 ArbSchG umfasst alle Arbeitsplätze und schließt spezielle Arbeitsformen nicht aus.
Auch die EU-Richtlinie 89/391/EWG vom 12. Juni 1989 (über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit), die bei Auslegung und Umsetzung des § 5 ArbSchG beachtet werden muss, nimmt Homeoffice und Co. nicht aus.

Arbeitgeber müssen daher auch bei Arbeitsplätzen im Homeoffice oder im Außendienst ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Die Gefährdungsbeurteilung ist dabei gem. § 5 Abs. 2 ArbSchG tätigkeitsbezogen vorzunehmen. Bei ortsflexiblen Tätigkeiten variieren daher auch die Arbeitsbedingungen und Gefährdungen. Eine Gefährdungsbeurteilung erscheint daher in solchen Fällen umso mehr geboten.

Was sind Gefährdungen am Arbeitsplatz?

Grundsätzlich geht § 5 ArbSchG von einer einheitlichen Gefährdungsbeurteilung aus, die alle potenziellen Gefährdungen berücksichtigt, die sich aus psychischen und technisch-physikalische Belastungen ergeben können. Auch in der Praxis findet eine Trennung einzelner Faktoren nicht statt, so dass auch gerade das Zusammenwirken der einzelnen Belastungen von Bedeutung ist. Eine geteilte, teils sogar zeitlich auseinanderfallende Prüfung der verschiedenen Belastungsbereiche ist daher nicht zu empfehlen. Auch ansonsten ist der Katalog in § 5 Abs. 3 ArbSchG weit gefasst und nicht abschließend, so dass eine Vielzahl an Gefährdungen in Frage kommen. Neben der Gestaltung und Einrichtung des Arbeitsplatzes, der Gestaltung von Arbeitsmitteln wie Maschinen und Arbeitsstoffen, physikalischen Einwirkungen oder unzureichenden Unterweisungen an die Beschäftigten können sich Gefährdungen gerade bei Arbeitsmodellen wie dem Homeoffice auch insbesondere durch psychische Belastungen wie eine defizitäre Arbeitsorganisation, unregelmäßige und lange Arbeitszeiten oder ungenügende soziale Bedingungen im Team ergeben.

Wie gestaltet sich die Gefährdungsermittlung bei Homeoffice und Co.?

Während sich die klassischen Ermittlungsmethoden bei psychischen Belastungen (Befragungen, Arbeitsplatzbeobachtung mit Interview und Analyse) ohne weiteres auch bei Homeoffice und Co. anwenden lassen, ist dies bei technisch-physikalischen Belastungen komplizierter.

Eine Begehung des Homeoffice-Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers unterliegt strengen rechtlich vorgegebenen Rahmenbedingungen. Aufgrund des Schutzes der Wohnung durch Art. 13 Abs. 1 GG ist für die Begehung eine ausdrückliche Vereinbarung mit dem Beschäftigten oder dem Betriebsrat erforderlich. Diese Begehung muss sich auf den konkreten Arbeitsbereich beschränken und ausreichend früh angekündigt werden. Gem. § 1 Abs. 4 ArbStättV ist hierbei eine einmalige Beurteilung ausreichend. Eine Wiederholung muss nur bei gravierenden Änderungen der Arbeitsbedingungen erfolgen. Ist eine Präsenzbegehung nicht möglich oder zu umständlich, kann die Begehung auch virtuell erfolgen, wobei Bedingungen wie Lärm, das Raumklima oder die Lichtverhältnisse dann nur bedingt ermittelbar sind.
Bei der Beschäftigung an wechselnden Einsatzorten wie dem Außen- oder Kundendienst, oder auch bei mobiler Arbeit, kann und muss nicht jeder Einsatzort neu beurteilt werden. Hier ist es ausreichend, die verwendeten Arbeitsmittel zu untersuchen, sowie etwa das Verkehrsmittel, mit dem der Beschäftigte zum Einsatzort gelangt.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Nach der Gefährdungsbeurteilung müssen seitens des Arbeitgebers die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen umgesetzt werden. Können Gefährdungen durch mehrere unterschiedliche Schutzmaßnahmen beseitigt werden, steht dem Betriebsrat gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht zu (BAG, Az.: 1 ABR 13/03).

Fazit

Die Gefährdungsbeurteilung ist auch im Rahmen von Homeoffice und Co. nicht zu vernachlässigen, sondern eine sinnvolle und hilfreiche Pflicht des Arbeitgebers für den Schutz und die Gesundheit der Beschäftigten. Größter Gefährdungspunkt bei Homeoffice und Co. ist in vielen Fällen die Entgrenzung der Arbeitszeiten, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Erreichbarkeit und Verfügbarkeit der Arbeitnehmer. Hier müssen Arbeitgeber Maßnahmen treffen, um solche Gefährdung zu vermeiden. Betriebsrat und Arbeitgeber sollten hierfür in Betriebsvereinbarungen klare Regeln aufstellen.